Pater Vincent L’Hénoret OMI (1921 – 1961)
„Es geht darum, auch in der Gefahr Christus zu bezeugen.“
Herkunft und Berufung
Vincent L’Hénoret wurde am 12. März 1921 in Pont l’Abbé, einer Gemeinde im Westen Frankreichs in der Bretagne, geboren. Die Familie zählte 14 Kinder. Vincent besuchte zunächst die Schule in seiner Heimat. Von 1933 bis 1940 war er dann Internatsschüler am Missionskolleg der Oblaten in Pontmain.
Ordenseintritt und Studienjahre
Nach der Schule blieb der freundliche und etwas schüchterne Vincent in Pontmain. Er begann 1940 sein Noviziat in der Gemeinschaft der Oblaten. Frankreich war bereits in den Zweiten Weltkrieg verwickelt. Die ersten zeitlichen Gelübde legte er 1941 ab.
Die folgenden philosophischen und theologischen Studien absolvierte Vincent L‘Hénoret an der Hochschule der Oblaten in La Brosse-Montceaux. Hier erlebte er am 24. Juli 1944 die Hinrichtung von fünf Mitbrüdern durch deutsche Besatzungstruppen. Die Opfer waren P. Christian Gilbert OMI (1912 – 1944), die Scholastiker Jean-Marie Cuny OMI (1918 – 1944) und Lucien Perrier OMI (1918 – 1944), P. Albert Piat OMI (1909 – 1944) und der Ordensbruder Br. Joachim Nio OMI (1898 – 1944). Die Geheime Staatspolizei, die der Deutschen Wehrmacht gefolgt war, hatte das Scholastikat von La Brosse-Montceaux besetzt. Die fünf Oblaten wurden der Mitgliedschaft in der Widerstandsbewegung beschuldigt, gefoltert und vor den Augen aller erschossen. Vincent L’Hénoret wurde zusammen mit den anderen Oblaten von La Brosse-Montceaux inhaftiert und ins Konzentrationslager Royallieu bei Compiègne (Departement Oise) gebracht. Nur kurze Zeit später, Anfang September, Frankreich war bereits seit Ende August befreit, konnte Vincent L’Hénoret mit den Mitbrüdern nach La Brosse-Montceaux zurückkehren.
Kurz vor Kriegsende legte Vincent L’Hénoret in La Brosse-Montceaux die Ewigen Gelübde ab. Die Priesterweihe erfolgte 1946. Im August 1947 erhielt er seine Bestimmung für Laos.
Missionar in Laos
Der erste Missionseinsatz führte P. L’Hénoret nach Paksane an den Mekong. Er arbeitete zunächst in Kengsadok. Dort lernte er die Sprache, machte sich mit der Kultur vertraut und eignete sich die damals gängigen Seelsorgs- und Missionsmethoden an. Anschließend arbeitete er in Nong Buoa in einer Gemeinde mit etwa 400 Katholiken.
Im November 1957 verstärkte er das Missionsteam der Region von Xieng Khouang und wohnte in Ban Ban, heute Muang Kham. Ende 1960 zwang das Dissidentenregime, das in Sam Neua seine Zentrale hatte, die Dorfbewohner, an Treffen teilzunehmen, die dazu dienten, die kommunistische Ideologie zu lehren. Ebenso wurde die Bewegungsfreiheit aller Personen durch ein System von Wachposten stark eingeschränkt. Wenn P. L’Hénoret nun von Dorf zu Dorf seine pastoralen Besuche machen wollte, benötigte er behördliche Genehmigungen.
Weg ins Martyrium
Am 10. Mai 1961, einen Tag vor Christi Himmelfahrt, erhielt P. L’Hénoret die Genehmigung, Ban Na Thoum zu besuchen, ein etwa sieben Kilometer entferntes Dorf. Wie geplant verließ er am 11. Mai 1961 gegen sieben Uhr morgens mit dem Fahrrad Ban Na Thoum. Etwas später wurde er zwischen Ban Na Thoum und Ban Faï von drei uniformierten Freischärlern gestoppt. Eine Frau, die gerade im Feld arbeitete, bezeugte diese Szene. Sie sah, dass der Pater seine Papiere vorzeigen musste. Die Soldaten schienen zufrieden. Dann stieg der Pater wieder auf das Fahrrad und fuhr weiter. Nur kurze Zeit später hörte die Frau Schüsse. Auf ihrem Weg zurück ins Dorf sah sie dann zuerst das Fahrrad, dann in einem Graben den leblosen Körper von P. L’Hénoret. Aus Angst stoppte sie nicht, sondern ging umgehend weiter ins Dorf.
Erst am nächsten Morgen kam eine Gruppe von Dorfbewohnern zurück an den Tatort. Auf der Straße sah man schon viel Blut. Offensichtlich hatte man den Toten von der Straße in den Graben geschleift und ihn dort liegen gelassen. Die Bewohner deckten den Toten mit Erde und Zweigen zu. Erst am folgenden Sonntag kam ein einheimischer Priester und begrub P. L’Hénoret. Später zerstörten die neuen Machthaber die Kirche von Ban Na Thoum und verboten den Christen, sich zu treffen. Die jüngere Generation durfte nicht mehr im Glauben unterwiesen werden. Die alten Leute im Dorf erzählen sich bis heute, dass die Soldaten damals vietnamesische Söldner waren. Sie seien von den Kommunisten für den Mord bezahlt worden.
Mitbrüder erzählten später: „Vincent wollte seine Mission nicht verlassen. Ihm war die Gefahr bewusst. Er wollte bei seinen Gläubigen bleiben, auch gerade wegen der Nähe der Feinde. Es war ein Akt des Gehorsams. Die Arbeit war zum Schluss sehr eingeschränkt. Aber es ging ja darum, auch in der Gefahr Christus zu bezeugen. Vincent war in Ban Ban, weil er Priester war. Es ging nur um diesen priesterlichen Dienst. Er starb, weil er ein gehorsamer Priester war.”
Man kann sich heute kaum vorstellen, wie die Mitbrüder und die Verantwortlichen die Wochen in der Missionszentrale von Xieng Khouang durchlebt haben. Die ganze Tragik dieser Tage wurde dann auch noch durch einen Unfall überschattet. Der französische Ordensbruder Br. Alexis Guémené (1924 – 1961), ein versierter Handwerker, hatte am 4. Juni 1961 im Lazarett von Xieng Khouang Besuche gemacht. Bei einem der überall herumlungernden Soldaten löste sich ein Schuss. Durch Querschläger wurde Br. Guémené tödlich am Kopf getroffen. Der unglückliche Schütze konnte nicht ausfindig gemacht werden.
Politisch kehrte keine Ruhe ein. Die Regierung versuchte, sich neu zu formieren. Die Kommunisten agierten daher umso mehr öffentlich. Im Gebiet von Xieng Khouang gelang es den Pathet Lao im Mai 1962 sogar, alle nationalen Truppen zu vertreiben. Viele Menschen versuchten daraufhin, aus ihren Dörfern zu fliehen. Das Bestellen der Felder blieb aus. Das soziale Leben war geschwächt. Die Milizionäre nahmen die Leute aus und lebten auf deren Kosten. Viele Gegenden waren vermint und unpassierbar. Das Töten von unzähligen Menschen, die sich den neuen Machthabern widersetzten, war an der Tagesordnung.
Die Oblaten in den Bergdörfern um Xieng Khouang durchlebten mit den zurückgebliebenen Menschen und den wenigen Katholiken unter ihnen dieses Schicksal. Einer dieser Oblaten war Jean Wauthier, der 1967 das Martyrium erlitt.
Thomas Klosterkamp OMI
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Die Oblatenmärtyrer von Laos:
P. Michel Coquelet OMI († 1961)
P. Vincent L´Hénoret OMI († 1961)