Pater Joseph Boissel OMI (1909 – 1969)
„Wir sollten den Tod nicht fürchten. Wir haben unser Leben ja schon dem Herrn geschenkt.“
Herkunft und Berufung
Joseph Boissel stammte aus der Bretagne, aus La Tiolais, einem kleinen Weiler, der zur Ortschaft Le Loroux in Frankreich gehört. Er wurde am 20. Dezember 1909 als Sohn einer armen Bauernfamilie geboren. Als der Vater starb, war Joseph 12 Jahre alt. Mit 14 Jahren verließ der Junge die Heimat zur Gymnasialausbildung im Juniorat der Oblaten auf der Insel Jersey. 1930 trat er in die Ordensgemeinschaft der Oblaten ein.
Ordenseintritt und Studienjahre
Auf der Insel Île de Berder machte er zwischen 1930 und 1931 sein Noviziat. Dort legte er auch seine ersten zeitlichen Gelübde ab. Es folgten die Studienjahre der Philosophie an der Hochschule der Oblaten im belgischen Lüttich und der Theologie im französischen La Brosse-Montceaux. Das Studium wurde zwischen 1933 und 1934 vom Militärdienst unterbrochen. 1935 legte Joseph Boissel in Montereau seine Ewigen Gelübde ab. 1937 empfing er in La Brosse-Montceaux die Priesterweihe. Ohne einen spezifischen Wunsch geäußert zu haben, wurde P. Boissel im Mai 1938 nach Laos entsandt. Dort sollte er zu den Pionieren der Mission im Norden des Landes gehören. Die Oblaten waren ja erst seit 1935 in Laos tätig.
Missionar in Laos
Im Oktober 1938 war P. Boissel in Laos angekommen, kurz darauf wurde er nach Nong Ether in die Region von Xieng Khouang an die Grenze zu Vietnam versetzt, wo die Missionsarbeit bei den Hmong gerade erst begonnen hatte. Als die Japaner im März 1945 Laos besetzten, wurde P. Boissel festgenommen. Die Patres wurden nach Vinh in Vietnam gebracht. Als die Missionare 1946 nach Laos zurückkehrten, war die Mission von Nong Ether zerstört und verlassen. Ein Neuanfang war unausweichlich. Von 1949 bis 1957 war P. Boissel in Ban Pha für die Ausbildung von Katecheten und Taufbewerbern aus dem Volk der Khmu zuständig. Seelsorglich betreute er die Bergdörfer um Xieng Khouang und Ban Pha. In der Region von Ban Pha lebte der Volksstamm der Thai Dam. Unter ihnen gab es lange keine Bekehrungen zum Christentum. Auch das war bei allen Anstrengungen zu ertragen. 1958 begann er eine neue Phase missionarischen Wirkens in der Region um Paksane. Hier sollte P. Boissel den Rest seines Lebens verbringen. Zunächst war er in Nong Veng stationiert, einem Dorf, das vom Reisanbau lebte. Anfang 1963 wurde er nach Ban Na Chik versetzt, einem Vorort von Paksane in Richtung Pak Kading. Von dort schrieb er: „Alle Familien leiden an den Folgen des Krieges, der nicht enden will. Ganze Dörfer werden entvölkert und die Menschen fliehen ins Nichts. Es geht nicht mehr nur darum, ihren Glauben und den Glauben der Kinder zu stärken. Es herrscht ein Klima des Schreckens und der Unsicherheit. Wir müssen aushalten bis zu dem Tag, an dem Gott Frieden schenkt.“ Im März 1969 wurde die allgemeine Lage so unsicher, dass die Osterfeierlichkeiten in den Dörfern abgesagt werden mussten. Erst Anfang Juni 1969 konnte P. Boissel wieder die pastoralen Besuche in den Dörfern fortsetzen. Wie muss man sich solche Besuche vorstellen? Ein einheimischer Zeuge berichtet: „Wenn er in ein Dorf kam, wurde die Glocke geläutet. Dann wurde die Heilige Messe gefeiert. Der Pater traf sich anschließend zum Gespräch mit den Katecheten, den Dorfbewohnern, manchmal mit den Ältesten. Er taufte die Kinder und bereitete Paare auf die Ehe vor. Danach übernachtete er in der Regel in einer der Familien. Er kümmerte sich besonders um die Kranken. Er hatte ein Auge für alle Schwierigkeiten. Was er sagte und tat, kam vom Grunde seines Herzen, aus der Tiefe seines Glaubens. Eine Stärke war seine Liebe zu den Armen.“
Weg ins Martyrium
Am Samstag, den 5. Juli 1969, brach P. Boissel wie gewohnt zu einem Besuch auf. Er hatte sich entschieden, die Khmu im Dorf Hat I-Êt zu besuchen. Es ist etwa 20 km von Paksane entfernt. P. Boissel machte sich mit zwei Ordensschwestern aus Laos auf den Weg. Auf dem Weg sprach P. Boissel über den Tod: „Wir sollten den Tod nicht fürchten. Wir haben unser Leben ja schon dem Herrn geschenkt. Unterwegssein ist in diesen Tagen nicht sicher, auch nicht klug, weil gefährlich.“ Eine der Ordensschwestern erzählte später: „Zwei Kilometer vor dem Dorf, in einer Kurve, hörten wir Schüsse. Im Wald sah ich eine rote Fahne wehen. Dann fielen wieder Schüsse. Meine Mitschwester wurde am Kopf verletzt. P. Boissel war schwer am Kopf getroffen, am Mund und im Schädel. Der Wagen fuhr in einen Graben und überschlug sich. Paters Brille war zerbrochen. Er war sofort tot gewesen. Ich stand unter Schock und konnte mich nicht bewegen. Dann sah ich drei vietnamesische Soldaten ums Auto gehen. Einer sagte: ‚Steckt den Wagen in Brand!‘.” Die Schwestern, beide schwer verletzt, konnten den Wagen verlassen und sich im Wald verstecken. Erst am nächsten Morgen um, 9:30 Uhr, kam Hilfe. P. Boissels Körper war zur Unkenntlichkeit verbrannt. Eine der Ordensschwestern blieb Zeit ihres Lebens geistig behindert. Die Schwester, die heil davonkam, erklärte später: „P. Boissel starb für seinen Glauben an Jesus Christus. Er starb, weil andere den christlichen Glauben verschwinden sehen wollten.”
1968 hatte sich P. Boissel einem Freund in Frankreich anvertraut. Dieser gab zu Protokoll: „Er wusste, dass die ihn umbringen wollten. Er ist dem Tod mehrfach aus dem Weg gegangen. Er war davon überzeugt, dass er um seines Glaubens willen getötet werden sollte. Da waren Feinde. Er kann also nicht überrascht gewesen sein. Die Menschen in den Dörfern waren überrascht, aber auch ihnen war der Grund seines Todes klar.“
In der Zeit nach P. Boissels Tod kamen viele Dinge im Land zwangsläufig einfach an ihre Grenzen oder eben auch an ein Ende. Das sollte auch die Oblatenmission betreffen. Der damalige Missionsleiter schrieb später dazu: „Der Exodus war das Ende der alten Mission. Er war die Geburt einer leidenden und schweigenden Ortskirche!“
Thomas Klosterkamp OMI
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Die Oblatenmärtyrer von Laos:
P. Michel Coquelet OMI († 1961)
P. Vincent L´Hénoret OMI († 1961)
P. Joseph Boissel OMI († 1969)